Motortuning ja! Aber wie?

Motortuning ja! Aber wie?
(Die Fock / Genua trimmen)


Dr. Harald Wozniewski
Karlsruhe 1998

Vorbemerkung Der Segelschnitt der verwendeten Fock
Die Trimminstrumente der Fock Die Kontrollinstrumente der Fock
Motortuning am Wind Motortuning bei halbem, raumem und vorm Wind

Vorbemerkung

Zunächst möchte ich auf die Grundlagen des Motortuning verweisen.

Hier möchte ich dann zeigen, wie diese Grundlagen für die Fock zu bewerkstelligen sind.

An dieser Stelle möchte ich zwei Begriffe einführen. Bisher hatten wir uns für den Winkel zwischen Wind und dem ersten Segeltuch am Vorliek interessiert. Diesen Winkel möchte ich Windanstellwinkel nennen. Im folgenden wird aber auch vom Winkel zwischen Vorliek und Mittschiffslinie die Rede sein. Diesen Winkel möchte ich Segelanstellwinkel nennen.

Der Segelschnitt der verwendeten Fock

Zunächst sollte man sich über den Segelschnitt der eingesetzten Fock im Klaren sein. Es gibt von Segelmacher zu Segelmacher, aber auch von Jahr zu Jahr beim selben Segelmacher geringfügige Unterschiede beim Schnitt des Segels.

Eine Eigenart kann die Vorliekskurve sein. Liegt die Fock flach auf dem Boden, so wird in den seltensten Fällen das Vorliek eine gerade Linie aufweisen. Es wird vielmehr eine mehr oder weniger starke Kurve nach vorne haben. Dies hat den Effekt, dass die Fock, wenn das Vorstag gespannt ist, im vordersten Teil einen kleinen (engen) Bauch bekommt, ausgenommen ganz oben und ganz unten. Je nachedem, wie stark das Segel unter Wind durchsichelt, verstärkt sich dieser Effekt.

Die weitere Eigenart einer Fock ist der durch den Schnitt der einzelnen Segelbahnen erzeugte Bauch. Am stärksten ist dies bei der untersten Bahn (der Schürze) ausgeprägt, die auf Am-Wind-Kursen gar nicht so sehr dem Antrieb als vielmehr der Formung der darüber liegenden Bahnen dient. Hier gibt es die deutlichsten Unterschiede zwischen den Vorsegeln. Man sollte sich anschauen, ob die verwendete Fock unten, auf halber Höhe oder oben bauchiger oder flacher ist als andere Focks. Dazu hält man die Segel am besten an den drei Hörnern waagerecht in die Luft und spannt leicht die Lieken. Wenn man die Kategorien flach, mittel und bauchig verwendet, kann man so drei mal drei, also neun verschiedene Formen von Vorsegeln unterscheiden.

Unterschiede ergeben sich auch durch die Höhe des Schothorns, erst recht, wenn man mehrere Kauschen für die Schot hat.

Einen letzten Unterschied kann man bei dem nach unten geformten Bogen der Schürze beobachten. Dieser hat allerdings höchstens ästhetische Bedeutung.

Die Trimminstrumente der Fock

  • Wir können die Fock vorne am Bug verschieden hoch hängen.
  • Der Zug des Falls und damit das Sicheln der Fock lässt sich auf vielfältige Weise einstellen.
  • Das Vorliekstuch lässt sich nach oben und unten (eventuell mit Cunningham) verschieden stark auf das Vorstag spannen.
  • Durch das Kippen des Mastes (Mastfall) lässt sich auch die gesamte Fock kippen.
  • Die mit Abstand größte Wirkung auf die Form und Stellung der Fock hat freilich die Fockschot.
  • Zur Fockschot gehört natürlich auch die Verstellung des Holepunkts, egal, ob nach vorn-und-hinten oder oben-und-unten .

Die Kontrollinstrumente der Fock

  • Das Vorliek (in jeder Höhe): Fällt es ein, zeigt es zu uns, dass wir mit dem Anstellwinkel bei Null angekommen oder sogar darüber hinaus gekommen sind.
  • Wollfäden ( an jeder beliebigen Stelle im Segel, aber bitte auf jeden Fall drei Paar in gleichem Abstand hinter dem Vorliek, 10 bis 20 cm, oben, unten und auf halber Höhe).
  • Markierungen auf der Fockschot.
  • Der "Hirny-Otto" (vgl. "Power-Otto"), der uns den Segelanstellwinkel anzeigt, der aber noch erfunden werden muss.
  • Und, was leider auf fast keinem Boot zu finden ist, was aber jeder haben könnte: zwei Markierungen (Tape oder Filzstift) auf dem Vordeck, die uns zeigen, wie dicht die Fock am Wind gezogen ist. Sie werden für jeden Bug auf halber Länge des Unterlieks dort aufs Deck geklebt bzw. gezeichnet, wo das Liek beim Am-Wind-Segeln normalerweise auf dem Deck aufliegt. Auf halber Länge deshalb, weil sich hier die Einstellung der Fockschot am stärksten zeigt. Nur wenige Millimeter Veränderung bei der Schoteinstellung äußern sich hier gleich zentimeterweise. Hiermit können wir natürlich auf den Segelanstellwinkel schließen. Die Position der Markierungen weiter innen oder außen hängt freilich nicht nur von der Dichte der Fock (Schoteinstellung), sondern auch von der Schürze, vom Kippen der Fock (Mastfall) und geringfügig von der Vorstagspannung (Sicheln) ab.

Motortuning am Wind

Das Thema, das wohl vielen immer wieder unter den Nägeln brennt, ist, wie man genügend Höhe segeln kann, natürlich ohne Fahrtverlust. Manche meinen, dass das mit der Fock gar nichts zu tun habe. Das Gegenteil ist der Fall.

Ich setze mal voraus, dass der Steuermann am Wind immer voll konzentriert die korrekte Höhe steuert und sämtliche Winddrehungen bemerkt und mitfährt, dass also der Windanstellwinkel möglichst immer konstant gehalten wird. Das tun in Wirklichkeit die wenigsten im erforderlichem Maße (Spitzensegler freilich ausgenommen). Viele Steuerleute fahren hier und da mal fünf Grad zu hoch oder 10 Grad zu niedrig, ohne es zu merken. Hier ist jeder Steuermann anders. Wer an der Kreuz nicht ständig die Höhe hält, der hat schnell einen Kolbenfresser in seinem Motor. Denn: Einerseits segeln wir größtenteils gegen (!) den Wind (in ca. 40 bis 45 Grad), d.h. wir werden vom Wind selbst gebremst und andererseits geht die Wirkung der Segel hauptsächlich zur Seite und nur noch zum geringsten Teil nach vorne. Deshalb wirkt sich hier etwas zuviel oder zuwenig Höhe extrem nachteilig auf die Geschwindigkeit aus, erst recht bei Welle! Und wer Geschwindigkeit vermisst, meint schnell, dies nur durch weniger Höhe ausgleichen zu können.

Die mögliche Höhe ist (abgesehen vom sauberen Segeln) zu allererst von der Einstellung der Fock abhängig und zwar vom Segelanstellwinkel. Nur der bestimmt, bei welcher Höhe die Luvwindbensel unruhig werden und das Vorliek einfällt, was den Steuermann zum Abfallen veranlasst, und bei welcher die Leebensel zu wirbeln beginnen, was der Steuermann als Anlass zum Anluven nimmt.

Wir wollen, dass die Fock in jeder Höhe richtig getrimmt ist, d.h. zuerst, dass überall derselbe Windanstellwinkel (nicht unbedingt Segelanstellwinkel!) vorhanden ist. Das lässt sich ganz einfach feststellen. Wie nehmen die Fock so dicht, wie wir sie am Wind haben wollen und fahren erst Mal die richtige Höhe. Dann fangen wir langsam an, abzufallen ohne das Segel aufzumachen. Die Leewindbensel sollten irgendwann in jeder Höhe gleichzeitig anfangen zu wirbeln. Tun das die oberen früher als die unteren, so ist der Segelanstellwinkel oben zu klein. Wirbeln die oberen dagegen später als die unteren, ist das Segel oben zu offen. Das können wir korrigieren, indem wir das Schothorn höher lassen oder tiefer ziehen, indem wir den Holepunkt nach vorn oder hinten verändern bzw. indem wir den Barberholer verändern. Zum Trimmen der Fock gehen wir dann in drei Schritten vor:

  1. Zuerst bestimmen wir die gewünschte Höhe für unser Am-Wind-Segeln, indem wir den unteren Teil der Fock mit der Schot so dicht nehmen, wie wir es wünschen. Hierbei achten wir auch auf unsere Decksmarkierung. Die Holepunktverstellung (nach innen oder außen) müssen wir, soweit vorhanden, gleichzeitig einstellen.
  2. Dann sehen wir zu, dass der Windanstellwinkel oben mit dem unten übereinstimmt (abfallen und Bensel vergleichen).
    Hierzu dient bei Vorsegeln mit kurzem Unterliek (also bei Focks) in erster Linie die Verstellung des Schothorns nach oben oder unten. Ob wir dazu den Holepunkt der Schot vertikal (z. B. Barberholer im 470er) oder horizontal (z. B. Verstellschiene im Korsar) verstellen, ist im Grunde egal. Letzterenfalls muss man freilich die Schotverstellung nach Punkt 1 anpassen.
    Es ist aber auch eine Verstellung durch das Mastfall möglich. Bei Vorsegel mit langem Unterliek (also Genuas) erzielt man mit der Mastfallverstellung einen viel stärkeren Effekt als mit einer horizontalen Holepunktverstellung (wie z. B. bei Korsar oder FD). Die Veränderung der aerodynamisch wirksamen Geometrie durch das Kippen von Mast und Segel (horizontal wird aus einem Kreisausschnitt ein elliptischer Schnitt) kann man hierbei vernachlässigen. Auch die Veränderung des Segelschwerpunkts nach vorn bzw. achtern durch diese Trimmmethode ist viel unbedeutender als viele meinen.
  3. Schließlich können wir die Sache perfektionieren, indem wir das Sicheln der Fock einstellen. Wenn das Vorliek der Fock mehr sichelt, wird der Segelanstellwinkel auf halber Höhe im Vergleich zu oben und unten größer. Lassen wir die Fock weniger sicheln, dann verringern wir den Segelanstellwinkel auf halber Höhe. Allerdings ist dieser Effekt sehr gering.

Hinsichtlich des Segelbauchs der Fock brauchen wir uns für das Am-Wind-Segeln normalerweise keine Gedanken zu machen. Wenn wir mit ihr genügend Höhe fahren, ist sie so flach (die Schot so dicht), dass der Wind ihr immer folgen kann. Eine Ausnahme gilt vielleicht für den oberen Teil der Fock. Dieser wird von manchen Segelmachern so bauchig konstruiert, dass der Wind dort abreißt. Wir haben aber keine Möglichkeit, dies zu beeinflussen. Folglich brauchen wir uns auch darum keine Gedanken zu machen (es sei denn, wir wollen eine andere Fock kaufen). Haben wir eine Holepunktverstellung nach innen und außen, so können wir (in Kombination mit der Schot) bei gleich bleibendem Segelanstellwinkel auch geringfügig den Bauch des Vorsegels im unteren Drittel verändern. Hierauf sollten wir indes nicht allzu viele Gedanken verschwenden.

Wenn das Vorliek der Fock Wellen wirft (parallel zum Liek), dann ist das Tuch zu fest eingespannt. Die Wellen stören den Wind, also lockern wir das Ganze oben oder unten. Verlaufen die Wellen horizontal, ist das nicht weiter tragisch; wir können das Tuch aber etwas fester einspannen.

Hinsichtlich der Höhe, in der wir die Fock unten am Hals fixieren, sollten wir auf folgendes achten. Durch das Aufliegen der Schürze auf dem Deck verhindern wir, dass dort ein Druckausgleich von Luv nach Lee stattfindet. Durch das Auflegen des Segels auf Deck sollten wir aber auch nicht die Kubikzentimeter unseres Mottos verschenken. Also so hoch hängen, das zwischen Unterliek und Deck noch gerade keine Lücke entsteht.

Sie vermissen vielleicht ein paar Anmerkungen zur "Düse" oder zum Achterliek, und dass dieses sich irgendwo am Ende des Saling befinden sollte. Hier sind sie: Solche Überlegungen gehen an den Grundsätzen des Motortunings vorbei, sind völlig überflüssig und falsch. Allein, dass viele an solche Regeln glauben, macht sie nicht richtig. Eine Düse im physikalischen Sinne existiert zwischen Fock und Großsegel ohnehin nicht, da jeder Druckaufbau in Lee des Großsegels zu einem Gegenbauch im Großsegel führt, eine Kompression folglich völlig unmöglich ist.

Motortuning bei halbem, raumem und vorm Wind

Wenn wir (etwa bei Anliegern auf die Luvboje) die Fock fieren müssen oder wenn wir halben oder raumen Wind segeln, dann drückt der Wind die Fock oben weiter auf als unten, d. h. dass der Windanstellwinkel unten geringer ist als oben. Wenn der Vorschoter nicht anderes zu tun hat und in Lee sitzt, dann kann er dies korrigieren, indem er die Schot nach unten drückt. Da außerdem jetzt die Segelkrümmung - vor allem unten - zu stark wird, kann er gleichzeitig das Schothorn weiter rausdrücken.

Solange die Fock vom Wind angehoben wird, solange "trägt" sie auch, selbst vorm Wind mit Spi. Dann sollte sie auch (auf Booten mit Rollfock) nicht weggerollt werden. Sie ist immerhin ein Zylinder unseres Motors, den Spi stört das nicht, da der seinen Wind vom Vorliek her bekommt. Die Fock gibt uns auch Hinweise, wenn sie mal nicht trägt: Wenn sie vorm Wind unter Spi "nach Luv" kommt, ist das ein sicheres Zeichen, dass wir übergeigt fahren und dass wir schifften oder luven sollten.

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