Elektronische Kompasse

Vorsicht bei elektronischen Kompassen!

(März 2018)

von
Dr. Harald Wozniewski

Nach einer längeren Auszeit vom Regattasegeln habe ich vor zwei Jahren wieder mit dem Regattasegeln begonnen und nutze seither einen elektronischen Kompass und zwar den TO60 Micro Compass von Raymarine:

T060-MircoCompass 
http://www.raymarine.de/instrumente/wireless/.

Der Kompass hat eine sehr interessante Funktion "TACTICS", bei der in jedem der beiden Displays die Hälfte des eingestellten Wendewinkels (toten Winkels) so hinzugerechnet, dass beim Kreuzen – theoretisch – stets die aktuelle Windrichtung angezeigt wird. Diesen kann man dann sehr leicht mit HWR vergleichen. Voraussetzung ist allerdings, dass man auch den genauen Wendewinkels kennt und richtig eingestellt hat, was bei einer Jolle wie zum Beispiel dem Finn Dinghy nahezu illusorisch ist. Aber man kann ja auch die gewöhnliche Funktion nutzen, bei der der aktuelle Kurs angezeigt wird. Allerdings dachte ich in den letzten zwei Jahren, ich hätte das Segeln verlernt, weil mir mit diesem Kompass einfach nicht gelingen wollte.

Vor etwa einem halben Jahr hatte ich mich mit einer neuen Idee wieder dem Programmieren zugewandt und in der Zwischenzeit eine Android-App für ein Outdoor-Smartphone gebastelt, die eben auch den elektronischen Kompass des Smartphones nutzt. Hierbei lernte ich freilich auch zu meinem Leid, dass die Magnetsensoren des Smartphones (wohl aller Smartphones) vor jeder Nutzung erst kalibriert werden müssen, wenn der Kompass (halbwegs) richtige Werte anzeigen soll. Wenn ich es richtig verstanden habe, besteht das Problem darin, dass die Magnetsensoren nicht – wie etwa ein klassischer Magnetkompass – in zwei Dimensionen arbeitet, sondern dreidimensional und zunächst einmal nicht die horizontale Ebene erkennt. Das Kalibrieren verhilft dann dem Magnetsensor mit einem zusätzlichen Baustein die Richtung der Erdanziehungskraft (und damit auch die horizontale Ebene) zu erkennen.

Als ich dann in den letzten Wochen meine App testete, stellte ich fest, dass der Kompass meiner App trotz sorgfältigster Kalibrierung recht unbefriedigende Ergebnisse lieferte:. Wenn ich beispielsweise die Richtung nach (magnetisch) Norden festgestellt hatte und das Smartphone exakt um 90° nach Osten drehte, zeigte der Kompass nicht 90° an, sondern beispielsweise 112°. Wenn Sie das HWR-System studiert haben, wissen Sie, wie fatal schon ein Fehler von 5° ist! Drehte ich das Smartphone um weitere 90° nach rechts, also nach Süden, zeigte das Smartphone nicht 180° an, sondern etwa 189°. Nach Westen gedreht wurden mir 165° angezeigt. Erst wieder in Richtung Norden gedreht stimmte die Anzeige wieder. Smartphones haben also ebenso wie etwa eine Segelyacht eine ganz erhebliche Deviation. Nun habe ich meine App um eine Art Deviationstabelle erweitert, sodass die App die Deviation automatisch ausgleichen kann. Dabei habe ich auch festgestellt, wie wichtig eine sorgfältige Kalibrierung vor jeder Nutzung ist! Ob das Ergebnis trotz Kalibrierung und Deviatiosausgleich befriedigend ist, muss ich noch testen.

Mit diesem Wissen habe ich mir auch meinen TO60 von Raymarine vorgenommen und bin schier erschrocken! Auch dieser zeigt eine erschreckend hohe Deviation, wie die folgenden Bilder belegen:

  • Ausgangsposition (nach magnetisch Norden ausgerichtet und Papierkompassrose fixiert):

IMG_3995

  • Exakt 90° nach Osten gedreht, Deviation 5°:

IMG_3996

  • Nach Süden (180°) gedreht, Deviation 3°:

IMG_3997

  • Und nach Westen (270°) gedreht, Deviation 1°:

IMG_3998

 

Ein mechanischer Magnetkompass hat dieses Deviationsproblem nicht. Sein “Messgerät” dreht sich mitsamt der Kompassrose automatisch immer in Richtung (magnetisch) Norden und lediglich seine äußere Hülle dreht sich mit dem Boot.

IMG_3999

 

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